Notiz: Bereits von 1890 bis 1919 hatte am Botanischen Garten und Museum Berlin eine "Botanische Zentralstelle für die Deutschen Kolonien" existiert. Sie wurde nach dem Ersten Weltkrieg aufgelöst, da der Friedensvertrag von Versaille Deutschland seiner Kolonien enthoben hatte.
Befördert durch die kolonialpolitischen Interessen der Nationalsozialisten kam es 1939 zu einer Neugründung der "Botanischen Zentralstelle für Kolonien". Der veränderte Name erkennt zwar an, dass Deutschland zu dieser Zeit keine Kolonien hat, impliziert aber auch das Interesse an den Kolonien anderer europäischer Großmächte.
Finanziell unterstützt durch die "Gruppe Deutscher Kolonialwirtschaftlicher Unternehmungen" widmete sich die wiedergegründete "Botanische Zentralstelle" unter ihrem Leiter Walter Domke vorrangig Forschungsaufgaben rund um den Nutzpflanzenanbau in verschiedenen Regionen Afrikas.
Die "Botanische Zentralstelle für Kolonien" unterhielt eine eigene Bibliothek, die 1947 in die Bibliothek des Botanischen Gartens Berlin übernommen wurde. Die Titel spiegeln die wissenschaftlichen und kolonialwirtschaftlichen Interessen der Zentralstelle wieder und geben mit einem Buch wie
Friedrich Reinöhls eugenisch ausgerichteter "Abstammungslehre" auch einen Einblick in ihre ideologische Prägung. Französische, belgische und niederländische Literatur für die Bibliothek der Zentralstelle beschaffte Walter Domke möglicherweise bei einem Aufenthalt in den besetzten Gebieten Westeuropas im Frühling 1943. Die wenigen in den Büchern enthaltenen Provenienzspuren geben keine Hinweise auf NS-verfolgte Vorbesitzer:innen.