Mayer-Gross, Willy

Person/Körperschaft

Identifier/Permalink:
Entity 18108
Tätigkeit/Titel/Branche:
Psychiater, Psychologe

Geburt: 15. Januar 1889 in Bingen am Rhein
Emigration: 1933 in London
Entlassung: 1935 in Heidelberg
Tod: 15. Februar 1961 in Birmingham

Adresse:
Bergstraße 167, Heidelberg (vor 1933)
Maryfield Bankend Road, Dumfries (Schottland) (1939 bis 1961)

Identifikation Person/Körperschaft: ja
NS-verfolgt: ja
Eigentümer: ja
GND: https://d-nb.info/gnd/116963409
: https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Mayer-Gross
Notiz: Der Psychiater und Psychologe Dr. Willy Mayer-Gross (auch Wilhelm/William Mayer-Groß) wurde am 15. Januar 1889 in Bingen am Rhein als Sohn des Kaufmanns Ma[r]x Mayer (geb. 1857 in Rüdesheim) und dessen Ehefrau Mathilde Mayer, geb. Gross (geb. 1869 in Bingen am Rhein) geboren. Er war verheiratet mit Carola, geb. Meyer (geb. 1888 in Köln). Das Ehepaar hatte einen Sohn, Heinrich (auch Henry, geb. 1930).

Willy Mayer-Gross studierte Medizin in Heidelberg, Kiel und München. Von 1913 bis 1924 arbeitete er an der Psychiatrischen Klinik Heidelberg als Assistenzarzt. Nach seiner Habilitation im Fach Psychiatrie 1924 wurde er Oberarzt und stellvertretender Direktor der Klinik und ab 1929 zum außerordentlichen Professor an der Universität Heidelberg ernannt. Er gehörte zur sogenannten Heidelberger Schule, die sich v.a. der Erforschung der Phänomenologie psychischer Krankheiten widmete

Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten sollte Willy Mayer-Gross, der jüdischer Herkunft war, aufgrund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ seine Professur verlieren. Da er sogenannter „Frontkämpfer“ im Ersten Weltkrieg war, wurde das Gesetz zunächst nicht auf ihn angewandt. Er bat dennoch um Beurlaubung und trat mithilfe eines Stipendiums einen Forschungsaufenthalt am Maudsley Hospital der Universität London an. 1935 entzog ihm die Universität Heidelberg die Lehrbefugnis. Willy Mayer-Gross blieb in Großbritannien, wohin ihm Ehefrau und Sohn 1934 gefolgt waren.

Das Vermögen der Familie Mayer-Gross wurde 1942 zugunsten des Deutschen Reichs eingezogen. Zu dem beschlagnahmten Eigentum gehörte auch eine Wohnung Carola Mayer-Gross‘ in Köln, in der das Umzugsgut der Familie lagerte. Darunter befand sich eine 3000 wissenschaftliche und belletristische Bücher umfassende Bibliothek, die in 16 Holzkisten verpackt war. Nach der Beschlagnahmung wurden die Bücher vermutlich versteigert.

Willy Mayer-Gross erlangte große Bedeutung in der psychiatrischen Forschung in Großbritannien. Im Juni 1939 wurde er an das Crichton Royal Krankenhaus der Universität Glasgow in Dumfries, Schottland berufen. Seit 1942 war er Fellow der British Psychological Society sowie seit 1945 Mitglied des Royal College of Physicians in London. Trotz seines beruflichen Erfolgs in Großbritannien plante Willy Mayer-Gross in der Nachkriegszeit eine Rückkehr nach Heidelberg, um an der Heidelberger Psychiatrischen und Neurologischen Klinik die Einrichtung eines pharmako-psychiatrischen Labors zu übernehmen. Kurz vor seinem Umzug verstarb er jedoch unerwartet am 15. Februar 1961 in Birmingham.

Quellen:
  • Entschädigungskammer beim Landgericht Karlsruhe, LABW, GLAKa, 243 Zugang 2004-125 5214.
  • Wiedergutmachungsakte Prof. Dr. William Mayer-Gross, LABW, GLAKa, 480 Nr. 6542.
  • Vermögenssteuerakten Carola Mayer-Gross, Finanzamt Heidelberg, LABW, GLAKa, 508-3 Nr. 276.
  • Personalakte Dr. Willy Mayer-Gross, LABW, HStAS, EA 3/150 Bü 1467.
  • Wiedergutmachungsakte Carola Mayer-Gross, LABW, StAL, EL 402/10 Bü 393.
 
  • Mußgnug, Dorothee: Die vertriebenen Heidelberger Dozenten. Zur Geschichte der Ruprecht-Karls-Universität nach 1933. Heidelberg: Winter 1988, S. 80, 158 f., 258f.
  • Doerr, Wilhelm (Hg.): Semper apertus. Sechshundert Jahre Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 1386-1986, Bd. III Das zwanzigste Jahrundert 1918-1985. Berlin u.a.: Springer 1985, S. 17.

Silke Bremer (Stadtbibliothek Hannover), Stand vom 04.03.2025
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