Notiz: Bernhard
Fritz Friedlaender wurde am 12. Juni 1890 in Posen als Sohn von Sigvard Friedlaender und Julia Friedlaender geb. Löwenstein geboren. Nachdem er das Abitur am dortigen Gymnasium abgelegt hatte, studierte er in Freiburg im Breisgau, Heidelberg und Berlin Medizin. 1913 legte er das Staatsexamen ab, im ersten Weltkrieg diente er als Truppenarzt. Er war verheiratet mit der am 14. März 1902 in Brandenburg an der Havel geborenen Ruth Löwenthal. Das Paar hatte einen Sohn, den am 24. September 1930 in Berlin geborenen Heinz Egon Friedlaender. Nachdem er mehrere Jahre als Assistenzarzt gearbeitet hatte, machte sich Fritz Friedlaender um 1928 in Berlin mit einer Spezialpraxis für Hautleiden selbständig. Seine erste Praxis eröffnete er in Spandau in der Breiten Straße 57. Später zog die Familie in den Wedding, wo sich ab etwa 1934 in der Müllerstraße 35 Wohnung und Praxis befanden.
Die Familie Friedlaender war im nationalsozialistischen Deutschland als Jüdisch verfolgt. 1939 mussten die Friedlaenders zwangsweise aus ihrer Wohnung in der Müllerstraße ausziehen, zuletzt lebten Sie in einer Zwangswohnung in der Helmstädter Straße 9 in Wilmersdorf. Bemühungen, in die USA oder nach Großbritannien zu flüchten scheiterten. Am 24. Oktober 1941 wurden Fritz, Ruth und Heinz Egon Friedlaender ab Berlin ins Ghetto Litzmannstadt deportiert, wo Fritz Friedlaender als Arzt arbeitete. Während der Auflösung des Ghettos 1944 wurde die Familie Friedlaender ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Ruth Friedlaender wurde dort von ihrer Familie getrennt und ermordet, ihr genaues Todesdatum ist nicht bekannt. Fritz und Heinz Egon Friedlaender wurden nach dem Aufstand des Sonderkommandos im Oktober 1944 in verschiedene Lager deportiert, zuletzt in das Außenlager des KZ Neuengamme, KZ Wöbbelin bei Schwerin, wo sie am 2. Mai 1945 von der US Army befreit wurden. Fritz und Heinz Egon Friedlaender überlebten die Shoah.
Fritz und Heinz Egon Friedlaender erfuhren erst nach Kriegsende mit Gewissheit, dass Ruth Friedlaender ermordet worden war. Ebenso wie auch Fritz‘ Mutter Julia Friedlaender geb. Löwenstein, die im KZ Treblinka ermordet worden war. Fritz ließ sich in Westdeutschland nieder und eröffnete 1948 eine Arztpraxis in Lüneburg. Er heiratete ein zweites Mal, die Shoah-Überlebende Edith Knappe, und zog 1953 nach Hamburg, wo er am 9. Oktober 1954 verstarb.
Heinz Egon Friedlaender emigrierte 1947 in die USA und änderte seinen Namen in Henry Friedlander. Er studierte Geschichte, forschte und lehrte an diversen amerikanischen Universitäten und widmete sich ab 1970 der Holocaustforschung. Ab 1975 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 2001 war er Professor für Judaistik am Brooklyn College der City University of New York. 1995 veröffentlichte er mit
The Origins of Nazi Genocide. From Euthanasia to the Final Solution ein Standardwerk der Holocaustforschung. Friedlaender starb am 17. Oktober 2012 in Bangor, Maine. Er war verheiratet mit der Holocaustforscherin Sybil Halpern Milton (1941-2000), mit der er drei Kinder hatte.
Quellen:
- BLHA. Rep. 36A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg (II) Vermögensverwertungsstelle. Rep. 36A (II) 10322: Friedländer, Fritz.
- In Memoriam: Henry Egon Friedlander. Holocaust and Genocide Studies, Vol. 26 No. 3, 2012, p. 566-567.
- Wenz, Benjamin: Dr. Bernhard Fritz Friedländer / Ruth Friedländer geb. Löwenthal / Heinz Egon Friedländer/Henry Friedlander. In: Loose, Ingo (Bearb.): Berliner Juden im Ghetto Litzmannstadt 1941-1944. Ein Gedenkbuch. Berlin: Stiftung Topographie des Terrors, 1990. S. 112 ff.
SF (Zentral- und Landesbibliothek Berlin), Stand vom 20.November 2024