Amundsen, Gerhard

Person/Körperschaft

Identifier/Permalink:
Entity 18794
Tätigkeit/Titel/Branche:
Studium Gartenarchitektur (1904)
Studium Innenarchitektur Film und Bühne, Berlin (1916)
Ausbildung zum Regieassistent von Operndirektor Prof. Dr. Hoerth (1925 bis 1927)
Oberregisseur bei verschiedenen Theatern (1927 bis 1930)
Freier Schriftstelle und Filmdarsteller (nach 1930)

Inhaftierung: 1914 in München
Inhaftierung: 1936 in Berlin
Inhaftierung: 1941 in Plötzensee Berlin
Tod: 1941 in Plötzensee Berlin

Adresse:
Krumme Straße 34 bei Kübrich, Charlottenburg Berlin (Deutschland) (19. Februar 1941)
Savignyplatz 8 v. (III. Treppe), Berlin (1933 bis 1935)

Identifikation Person/Körperschaft: ja
NS-verfolgt: ja
Eigentümer: ja
GND: https://d-nb.info/gnd/116302674
VIAF: http://viaf.org/viaf/22889912
Wikidata: https://www.wikidata.org/wiki/Q94879873
Notiz: Paul Gerhard Laible wurde am 6. September 1884 in Briesnitz bei Dresden als Sohn des Konsistorialrats Wilhelm Laible und dessen Frau, Wilhelmine, née Amundsen, geboren. Nach der schulischen Ausbildung in Briesnitz und am Wettinger Gymnasium in Dresden, studierte er dort im Alter von 20 Jahren an der Technischen Hochschule Gartenarchitektur. 1907 war er am Bau der Rennbahn im Grunewald beteiligt, bevor er von 1910 bis 1914 in München als Innenarchitekt und Bühnenbildner arbeitete.
Hier kam es 1914 zu einer ersten Anzeige und Verurteilung Laibles nach §175 Strafgesetzbuch (StGB), wegen „widernatürlicher Unzucht“ zu anderthalb Jahren Gefängnis. Nach seiner Entlassung am 15. Dezember 1915, zog man ihn im Anschluss nicht mehr zum Ersten Weltkrieg ein.
So zog Laible 1916 nach Berlin und arbeitete als Innenarchitekt im Film und am Theater. Von 1925 bis 1927 lernte Gerhard Laible, der sich als Künstlernamen den Geburtsnamen seiner Mutter Amundsen zugelegt hatte, als Regieassistent von Professor Dr. Hoerth (1883-1934), der Professor an der Opernschule der Berliner Hochschule für Musik gewesen war. Es folgten von 1927 bis 1930 verschiedene Anstellungen als Oberregisseur, unter anderen in Koblenz, Halberstadt, Brünn und Riga. Seit 1930 gab er als Beruf freier Schriftsteller und Filmdarsteller zu Protokoll.
Vom Oktober 1933 bis Juni 1935 wohnte Gerhard Laible am Savignyplatz 8 v. (III. Treppe). Ein Mitbewohner des Hauses meldete am 3. August 1935, dass ein in diesem Haus wohnender Schauspieler „unsittlichen Verkehr“ mit jungen Männern haben würde. Dieses Verfahren wurde allerdings aus Mangel an Beweisen eingestellt.
Am 11. Oktober 1935 wurde Laible erneut von einem anderen Mitbewohner des Hauses bei der Polizei gemeldet – dieser verleumdete im gleichen Atemzug noch den Generaldirektor der Deutschen Kolonialgesellschaft Erich Dums aus Steglitz und den Vorführer Hans Raue aus Neukölln.
Daraufhin nahm das Geheime Staatspolizeiamt (Gestapa) in der Prinz-Albrecht-Straße 8 die Ermittlungen gegen Laible auf. So kam es am 15. Januar 1936 zur Festnahme Laibles. In der Folge verurteilte man Gerhard Laibe am 31. März 1936 erneut zu drei Jahren Gefängnis nach §175 (1 Jahr und 6 Monate) und dem §1 Absatz 1 des Gesetzes gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei (1 Jahr und 4 Monate). Grund für die Anklage nach dem sogenannten „Heimtücke Paragraphen“, waren Geschichten, die Gerhard Laible seinen vermeintlichen Liebhaber erzählt haben soll. Dabei handelte es sich um Gerüchte, dass vor der Machtergreifung die Wachmannschaft Hitlers nackt mit ihm in einem Bett schlafen musste. Auch die Geschichte einer Nichte Hitlers fand sich in diesen Protokollen, wonach diese Selbstmord beging, nachdem sie Hitler mit seiner Wachmannschaft bei „unbekleideten Freiübungen“ beobachtet haben soll. Auch die Frage zur jüdischen Abstammung von Joseph Goebbels war ein Tatvorwurf, der Laible neben der Verurteilung nach §175 zusätzlich knapp anderthalb Jahre Gefängnis einbrachten. Am 26. November 1936 erfolgte der Ausschluss von Laible aus der Reichsfilmkammer aufgrund seiner Gefängnisstrafe. Nach seiner Entlassung Anfang des Jahres 1939 zog er in die Krummestr. 35, bei Kübrich zur Untermiete.
Bereits im August 1939 hatte die Schwester von Gerhard Laible, die Büglerin und Handnäherin Marie Laible (geboren 12. April 1887) ihren Bruder angezeigt, dass dieser vermutlich erneut gegen §175 verstoßen und seinen damaligen Liebhaber bei ihr in der Wohnung (Hufelandstraße 34, bei Matzanke) untergebracht habe. Am 8. Januar 1940 erfolgte eine Hausdursuchung in Folge derer Laible einen Tag später wegen Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft genommen und im Gefängnis in der Lehrter Straße inhaftiert wurde.
Nach den Gerichtsakten erfolgten nun Befragungen der Bewohner der Krummestraße 35, verschiedener Nachbarn sowie allerlei Verdächtiger. In einer letzten Stellungnahme von Gerhard Laible vom 10 Januar 1940 gab dieser alle Widerstände auf und bekannte sich schuldig, nannte eine Reihe von Personen, die durch beschlagnahmte Fotos und Briefe nachweislich in Kontakt mit ihm gestanden hatten. Fast ein ganzes Jahr später, Laible war immer noch in Untersuchungshaft, wurde am 20. Dezember 1940 die Hauptverhandlung eröffnet. Schließlich erfolgte am 17. März 1941 der Urteilsspruch: Laible wurde erneut nach §175 zu drei Jahren Haft verurteilt, wobei ein Jahr Untersuchungshaft auf die Strafe angerechnet werden sollte. Noch bis zum März 1942 ermittelte die Staatsanwaltschaft weiterhin gegen Laible und seine vermeintlichen Liebhaber – besonders einen Soldaten, der sich an der Ostfront befand, sollte aufgefunden werden – allerdings ohne Erfolg. Seine Haftentlassung erlebte Laible hingegen nicht mehr, da er am 25. März 1942 in der Haftanstalt Plötzensee verstarb. Als Todesursache hielt die Sterbeurkunde Lungenentzündung und Herzschwäche fest.
Da nach §175 verfolgte Männer nach den „Richtlinien zur Bekämpfung der Homosexualität und der Abtreibung“ vom 11. Mai 1937 als Staatsfeinde zu behandeln waren, verfiel ihr Hab und Gut dem Reich und konnte damit nach dem Gesetz über die „Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens“ vom 14. Juli 1933 und der Ergänzung vom 9. Dezember 1937 vom Deutschen Reich beschlagnahmt, weiterverkauft oder anderweitig genutzt werden.

Landesarchiv Berlin Rep 358-02 Nr. 26893, Strafverfahren §175 gegen Gerhard Laible, 1941-1945.

Landesarchiv Berlin A Pr.Br.Rep. 030-02-05 Nr. 235, Kriminalpolizeiliche Strafakte Gerhard Laible, 1935-1941.

Bundesarchiv Berlin R 9361/4539, Reichskulturkammer, Eintrag zu Gerhard Laible, genannt Amundsen, 1941-1945.

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PH, Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin, Stand Januar 2025]
 
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