Notiz: Friedrich Busch war von 1927 bis zu seinem Ruhestand 1956 Direktor der Stadtbibliothek Hannover, er konnte sich in drei politischen Systemen halten. Busch war zwar nicht Mitglied der NSDAP, war allerdings Ende 1933 der SA beigetreten. Da er zuvor auch einer Freimaurerloge angehört hatte, begegnete ihm die NSDAP-Kreisleitung durchaus mit einer gewissen Skepsis. Gute Beziehungen zum Oberbürgermeister der Stadt Hannover und NSDAP-Mitglied Henricus Haltenhoff sicherten ihm sein Amt in der NS-Zeit. Sein Entnazifizierungsverfahren Ende der 1940er Jahre überstand Busch unbeschadet.
Busch wird in Bezug auf seine Haltung zum NS in der Sekundärliteratur als "ambivalent" charakterisiert. Fest steht jedoch, dass Friedrich Busch keinerlei Unrechtsbewusstsein in Bezug auf das entzogene Eigentum der jüdischen Bürger*innen Hannovers hatte und Gelegenheiten wahrnahm, antiquarische Bücher aus jüdischem Besitz zu erwerben. So etwa die Büchersammlung samt Regalen des hannoverschen Unternehmer- und Sammlerehepaars Elsbeth und Gustav Rüdenberg, das im Dezember 1941 in das Rigaer Ghetto deportiert und dort vermutlich kurze Zeit später ermordet wurde. Die Stadtbibliothek kaufte die Büchersammlung der Rüdenbergs direkt vom Oberfinanzpräsidenten in Hannover an und profitierte so von der, in der Sprache der NS-Finanzbehörden, "Verwertung" jüdischen Eigentums.
Auch in Bezug auf die nach Kriegsende durch das Niedersächsische Hauptstaatsarchiv vermittelten Buchbestände des NSDAP-Gauarchivs Südhannover-Braunschweig muss sich Busch im Klaren gewesen sein, dass er Bücher zweifelhafter Herkunft übernahm. Insbesondere die Prüfung der antiquarischen Erwerbungen aus dem Zugangsjahr 1944 deutet auf eine diffuse Erwerbungsstrategie Friedrich Buschs nach dem Verlust von 100.000 Exemplaren durch den Bombentreffer 1943 hin. Die überaus zahlreichen Zugänge 1944/45 und die zum Teil mehrfache Anschaffung derselben Titel erwecken insgesamt den Eindruck, als habe Busch die Bestände um jeden Preis wieder auffüllen wollen. Dabei spielte die Herkunft der Bücher augenscheinlich keine Rolle, wie zahlreiche Raubgutfunde belegen. Seit dem Brand war in der Stadtbibliothek außerdem die Leitstelle der Gestapo untergebracht, mit der sich Busch eine Auseinandersetzung um Räume und Stellflächen – vermutlich auch für die neuen Erwerbungen – im provisorisch genutzten Gebäude lieferte. Nach Kriegsende wurden die von der Gestapo im Gebäude zurückgelassenen Buchbestände als "Geschenke" in den Bestand der Stadtbibliothek eingearbeitet.
Literatur:
Beaujean, Marion: Die Stadtbüchereien Hannover unter Dr. Friedrich Busch 1927–1956, in: Kreter, Karljosef (Hg.): Stadt und Überlieferung. Festschrift für Klaus Mlynek, Hannover 1999, S. 20–26.
Fleiter, Rüdiger: Stadtverwaltung im Dritten Reich. Verfolgungspolitik auf kommunaler Ebene am Beispiel Hannovers, Hannover 2006.
Krische, Michael: 575 Jahre Stadtbibliothek Hannover. Geschichte und Geschichten, Hannover 2015.
Lossin, Sabine: Die Stadtbibliothek Hannover 1933-1945. Nationalsozialistische Kulturpolitik und ihre Umsetzung in der praktischen Bibliotheksarbeit. Unveröffentlichte Diplomarbeit, Studiengang Bibliothekswesen, Fachhochschule Hannover 1993.
Silke Bremer (Stadtbibliothek Hannover), Stand vom 16.07.2025
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