Bibliothek der Synagogen-Gemeinde zu Breslau

Person/Körperschaft

Identifier/Permalink:
Entity 5964
Adresse:
Anger (heute uliza Lakowa) 8, Breslau

Tätigkeit/Titel/Branche:
Bibliothek

Gründung: 5. Mai 1744 in Breslau
Gründung: 28. Mai 1842 in Breslau
Auflösung: 9. November 1938 in Breslau
Identifikation Person/Körperschaft: ja
NS-verfolgt: ja
Eigentümer: ja
Notiz:

Die Bibliothek der Synagogengemeinde Breslau war Teil der Neuen Synagoge, die auch als „Liberale Synagoge“ oder „Hauptsynagoge“ bekannt war und sich am Anger 8 (heute Łąkowa 8) befand. Diese Bibliothek zählte im 19. und frühen 20. Jahrhundert zu den bedeutendsten jüdischen Bibliotheken. Breslau, das heute Wrocław in Polen ist, war ein kulturelles und religiöses Zentrum des deutschen Judentums. Die Geschichte der Bibliothek ist eng mit der jüdischen Gemeinde der Stadt verbunden und reflektiert sowohl das reiche intellektuelle Leben dieser Zeit als auch die verheerenden Verluste durch den Holocaust.

Der Grundstein für diese außergewöhnliche Sammlung wurde 1842 durch Abraham Geiger, den damaligen Gemeinderabbiner und einflussreichen Reformtheologen, gelegt. Durch seine Bemühungen und die großzügige Schenkung von etwa 386 Büchern konnte eine Basis für eine umfassende Sammlung jüdischer Literatur und wissenschaftlicher Werke geschaffen werden. Mit der Eröffnung der Gemeindebibliothek im Jahr 1861 war die Sammlung auf über 3.500 Bände angewachsen. Dies war ein beeindruckender Umfang für die damalige Zeit und zeugte von dem hohen Stellenwert, den das jüdische Schrifttum in der Gemeinde einnahm.

Im Laufe der Jahrzehnte wuchs die Bibliothek weiter und wurde zu einer der wichtigsten Sammlungen von Hebraica und Judaica in der Region. 1934, nur wenige Jahre vor der Zerstörung, umfasste die Bibliothek nach Angaben der „Tentative List of Jewish Cultural Treasures in Axis-Occupied Countries“ bereits etwa 12.000 Bände. Diese Werke repräsentierten nicht nur religiöse Schriften, sondern auch eine breite Palette an literarischen, historischen und wissenschaftlichen Arbeiten, die das jüdische Leben und die Kultur in Breslau und darüber hinaus widerspiegelten.

Doch das Schicksal dieser bedeutenden Sammlung nahm eine tragische Wende in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, während der sogenannten „Reichspogromnacht“. In dieser Nacht wurden Synagogen, jüdische Geschäfte und Kulturstätten in ganz Deutschland und Österreich von den Nationalsozialisten zerstört.
Auch das Gebäude der Synagogen-Gemeinde in Breslau wurde in Brand gesetzt und kurze Zeit später abgerissen. Die Bibliothek fiel dem Vandalismus der Nationalsozialisten zum Opfer, und ihre Bestände wurden beschlagnahmt. Viele der Bücher landeten im Reichssicherheitshauptamt, während andere unwiederbringlich verloren gingen. Die Breslauer Synagoge selbst, die 1872 eingeweiht wurde, war nicht nur ein geistliches Zentrum, sondern auch ein architektonisches Meisterwerk. Ihr Entwurf diente als Vorbild für zahlreiche Synagogen, insbesondere in Schlesien. Dazu zählten die heute nicht mehr existierenden Synagogen in Glatz und Glogau. Der Architekt Edwin Oppler, der für die Gestaltung der Breslauer Synagoge verantwortlich war, schuf insgesamt acht Entwürfe für Synagogen, von denen fünf realisiert wurden. Doch keine seiner Bauwerke überdauerte das Pogrom von 1938. Die „Weiße-Storch-Synagoge“ blieb als einzige erhalten, da man aus Sorge um die benachbarten Gebäude davon absah, sie in Brand zu stecken. Rund 2.500 jüdische Männer wurden von den NS-Behörden festgenommen und in das KZ Buchenwald deportiert.

Heute erinnert am Standort der Neuen Synagoge nur noch ein Gedenkstein an ihre Zerstörung in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938.

„Sie legten an dein Heiligtum Feuer, entweihten die Wohnung deines Namens bis auf den Grund. (Ps 74,7 EU). An dieser Stelle stand bis zum 9. November 1938 die größte Synagoge der jüdischen Gemeinde der Stadt Breslau. In dieser Nacht wurde sie vom nationalsozialistischen Regime niedergebrannt. Mit diesem Akt der Zerstörung begann der Mord der jüdischen Kinder, Frauen und Männer Breslaus. Ehret Ihr Andenken!"

Text von Elena Brasiler (Universitätsbibliothek, FU Berlin), Stand: Dezember 2024

Quellen:
https://www.memorialmuseums.org/memorialmuseum/denkmal-neue-synagoge-breslau
www.wikiwand.com/de/articles/Neue_Synagoge_(Breslau)
Digitale Rekonstruktion der Breslauer Synagoge
 


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