Notiz: Heinrich William (Wilhelm) Poll, geboren am 5. August 1877 in Berlin, gestorben am 12. Juni 1939 in Lund, Schweden), war ein deutscher Mediziner und forschte im Bereich der Vererbungsbiologie und Humangenetik. Nach seinem Studium und seiner Promotion arbeitete er von 1899 bis 1922 an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin am Anatomisch-Biologischen Institut. 1922 erhielt er eine außerordentliche Professur an der medizinischen Fakultät in Berlin. 1924 ging er als Professor der Anatomie an die Universität Hamburg. Im selben Jahr heiratete er die sieben Jahre jüngere Clara Maria Katharina Cords, die ebenfalls Medizinerin war und als Gynäkologin arbeitete (zunächst in ihrem Wohnhaus in der Binderstraße 24).
Auch wenn Poll selbst 1899 zum christlichen Glauben konvertiert war, wurde er aufgrund seines jüdischen Elternhauses in der NS-Zeit verfolgt. Nach einer Denunziation der NS-Organisation „Deutsche Dozentenschaft“ wurde er von der Hamburger Universität entlassen und am 31. Dezember 1933 zwangsemeritiert. Im Jahr 1934 zogen beide wieder zurück nach Berlin, wo Clara Poll-Cords zunächst in der Kaiserallee 14, ab 1937 dann in der gemeinsamen Wohnung in der Meierottostraße 5 eine Praxis betrieb.
In dieser Zeit versuchte Heinrich Poll eine Anstellung im Ausland zu finden, was zunächst nicht glückte. Erst im Mai 1939 wurde ihm gestattet, für zwei Jahre nach Schweden zu ziehen, um dort an der Universität in Lund an seinen Forschungen zu arbeiten. Allerdings untersagten ihm die deutschen Behörden eine Lehrtätigkeit auszuüben, noch eine Besoldung für seine Arbeit anzunehmen – unter der Androhung, dass ansonsten seine Versorgungsbezüge (die auf das Konto seiner Frau überwiesen wurden) gestrichen werden. Kurz nach seiner Ankunft im schwedischen Lund erlitt Heinrich Poll einen Herzinfarkt und starb am 12. Juni 1939. Seine Frau Clara, die kein Visum für Schweden erhalten hatte, folgte ihm nur kurze Zeit später, am 5. August 1939 (dem Geburtstag von Heinrich Poll), indem sie sich in Lund das Leben nahm. Das Grab des Ehepaares befindet sich auf dem Nordfriedhof in Lund. Es gibt heute noch eine kleine Poll-Stiftung an der Universität Lund, die Stipendien für genetische Forschungen vergibt.
Mapping the Lives, Heinrich Poll:
https://mappingthelives.org/bio/de133733-5068-44e1-9979-2ddc20b195e0?language=de
Stolperstein Hamburg, Dr. med. Clara Poll-Cords:
https://www.stolpersteine-hamburg.de/index.php?MAIN_ID=7&BIO_ID=5286
Charité Berlin, Ärztinnen im Kaiserreich, Dr. med. Clara Poll-Cords:
https://geschichte.charite.de/aeik/biografie.php?ID=AEIK00077
Heinrich Poll (Mediziner) auf Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Poll_(Mediziner)
[PH, HU Bibliothek, Stand Mai 2025]